Die Behandlungen am Bewegungsapparat haben in den letzten 10 Jahren stark zugenommen. Damit nimmt auch die Zahl der Revisionseingriffe stetig zu, obwohl die Eingriffe dank laufender Qualitätssteigerung immer sicherer werden. Die künstlichen Gelenke sind tagtäglich einer mechanischen Beanspruchung und damit einem stetigen Verschleiss ausgesetzt. Im Durchschnitt macht ein Mensch mit seinem Hüftgelenk 1 Million Bewegungszyklen pro Jahr. Konstante Verbesserungen bei Material und Technik haben den Verschleiss stark reduziert. Die Laufdauer der Kunstgelenke hat sich in den letzten 20 Jahren fast verdoppelt.
20 und mehr «Betriebsjahre» sind keine Seltenheit (man vergleiche dies mit Autos, Waschmaschinen, oder Computern!). Trotzdem nehmen die Zweiteingriffe insgesamt zu. Die Gründe dafür sind: Immer jüngere Patientinnen und Patienten benötigen Kunstgelenke und die Menschen leben mit den Kunstgelenken immer länger.
Revisionsoperationen sind komplizierter, technisch anspruchsvoller und risikoreicher sind als Ersteingriffe. Die Operationszeit ist deutlich länger, die Nachbehandlung aufwändiger. Revisionseingriffe sind daher auch kostenintensiver als Ersteingriffe. Die Vernarbungen nach einem Ersteingriff verändern die natürliche Anatomie. Mit besonderer Vorsicht muss daher der Operationszugang präpariert werden, um Begleitverletzungen von Sehnen, Nerven und Gefässen zu vermeiden.
Das abgeriebene Fremdmaterial schwächt den Knochen. Sind Teile der Prothese noch fest eingewachsen, müssen diese mit Spezialmeisseln entfernt werden.
Abgeriebenes Fremdmaterial, insbesondere aber auch Infektionen, führen zu einer entzündlichen Mehrdurchblutung des Gewebes. Das Blutungsrisiko bei Revisionseingriffen ist erhöht. Revisionseingriffe benötigen daher ein erfahrenes Anästhesie-Team und oft eine Intensivstation für die ersten Tage nach der Operation. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Anästhesist, Intensivmediziner, Herzspezialist, Internist, Infektiologe, Nierenspezialist und Orthopäde ist unerlässlich.
Die Revisionschirurgie setzt eine grosse Erfahrung mit Ersteingriffen voraus. Eine Spezialisierung ist daher unerlässlich. Die orthopädische Revisionschirurgie ist eine anspruchsvolle Teamarbeit, die nur in einem medizinisch-technisch hochstehenden Umfeld gemacht werden kann. In der Orthopädischen Klinik Luzern und der Hirslanden Klinik St. Anna sind diese Voraussetzungen in idealer Weise gegeben.
Ein Versagen der Prothesenfixation im knöchernen Fundament kann unterschiedliche Ursachen haben. Das Implantat kann bereits unmittelbar nach der Operation nicht erfolgreich eingeheilt sein. Oder es kommt erst später zu einem langsamen Auslockern des anfänglich gut fixierten Gelenks z.B. durch Verschleiss oder Infektion. Je nach Ursache kann eine Lockerung der Prothese bereits sehr früh, jedoch auch erst nach vielen Jahren passieren.
Eine gelockerte Prothesenkomponente muss gewechselt werden.
Bakterien können entweder auf direktem Weg (z.B. durch eine Wunde) ins Gelenk kommen oder von einem anderen Infektherd im Körper (z.B. im Rahmen einer Blutvergiftung) über die Blutbahn streuen. Die Infektion kann ein hochakuter Prozess mit Fieber, Krankheitsgefühl und Eiterbildung sein, verursacht durch aggressive Bakterienstämme.
Häufiger kommt es jedoch zu langsam verlaufenden Infekten durch weniger aggressive Keime, sogenannten Low-Grade-Infektionen. Die Symptome sind hier deutlich unspezifischer und umfassen Schmerzen und Schwellung. Langfristig kommt es zur Lockerung der infizierten Prothese. Implantatinfekte führen praktisch immer zu Folgeoperationen (Spülungen, Weichteileingriffe, vollständige Wechsel oder Wechsel einzelner Komponenten). Eine massgeschneiderte Antibiotikabehandlung ist im Anschluss nötig.
Die exakte Therapie wird von einem interdisziplinären Team bestehend aus Orthopäden und Infektspezialisten individuell festgelegt. Sie richtet sich nach Art des Keims, Dauer des Infekts und Zustand von Patient und Weichteilmantel.
Jahrzehntelange Forschung hatte zum Ziel, Implantate möglichst widerstandsfähig gegen Abnutzung zu machen. Spezielle Metalllegierungen, Keramiken und Kunststoffe haben zu erstaunlicher Haltbarkeit geführt. Heutzutage begleitet ein Kunstgelenk seinen Besitzer häufig bis ans Lebensende, ohne dass eine relevante Materialermüdung passiert.
Durch intensive Belastung über lange Zeit hinweg können Abriebpartikel jedoch möglicherweise zu Prothesenlockerung oder ausgeprägten Weichteilreaktionen führen. Das abgenutzte Implantat muss ausgewechselt und das umgebende Weichteil sorgfältig saniert werden.
Um die gesunde Anatomie des ursprünglichen Gelenks wiederherzustellen, wird das Kunstgelenk in den umgebenden, stabilisierenden Weichteilmantel eingepasst.
Stimmt die Weichteilspannung jedoch nicht mehr (z.B. durch ein defektes Band oder eine nicht optimal eingebaute Prothese), ist das Kunstgelenk ungenügend stabil geführt. Dies kann zu Schmerzen oder gar zum Auskegeln des Gelenks führen.
Weichteileingriffe können normalerweise die notwendige Stabilität nicht wiederherstellen. Häufig müssen Wechseloperationen mit Spezialprothesen durchgeführt werden, die über eine höhere, eingebaute Stabilität verfügen.
Die Beweglichkeit von Kunstgelenken kann nach einer Operation stark eingeschränkt sein. Man spricht dann von einer Arthrofibrose. Bei manchen Menschen besteht eine angeborene Tendenz zu überschiessender Narbenbildung und somit zur Entwicklung einer solchen Arthrofibrose.
Jedoch können auch andere Ursachen für ein steifes Gelenk vorliegen. Zu diesen Ursachen gehören z.B. ein Infekt, Instabilität oder nicht optimal eingebrachte Prothese.
Die operative Behandlung ist aufwendig und kann von einem Lösen der Narben bis hin zum Wechsel des Gelenks das gesamte Spektrum umfassen. Eine intensive Nachbehandlung ist hier wichtig, um die erreichte Beweglichkeit nicht wieder durch neue Vernarbung zu verlieren.
Der Stellenwert von Überempfindlichkeitsreaktionen gegenüber Prothesenbestandteilen (vor allem unedle Metallen und Bestandteilen des Knochenzementes) ist bis heute noch nicht eindeutig geklärt.
Erst wenn alle andere Beschwerdeursachen wie z.B. Low-Grade Infekt ausgeschlossen sind, kann eine Überempfindlichkeit vermutet werden. Von einer gewöhnlichen Hautallergie allein (zum Beispiel gegen Nickelschmuck) lässt sich jedoch kein erhöhtes Risiko einer Prothesenallergie ableiten. Liegt eine Überempfindlichkeit vor, kommen anti-allergene Spezialimplantate ins Spiel.